Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderlinie „Qualitätsentwicklung in der Wissenschaft“ geförderte Projekt untersucht die Qualitätsentwicklung durch Kooperationsnetzwerke und Kooperationsportfolios. Wir Forscherinnen und Forscher des Q-KNOW-Projektteams von der Universität Hannover, der Universität Luxemburg und der Universität Mannheim haben zum Auftaktworkshop Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingeladen, die sich in verschiedenen Rollen und Funktionen mit Kooperationen von Universitäten und Forschungseinrichtungen in ihrem Arbeitsalltag in Wissenschaft und Verwaltung beschäftigen.
Eigentlich sollte die Veranstaltung bereits im April 2020 beim internationalen Verbundprojektpartner an der Universität Luxemburg als Präsenzveranstaltung durchgeführt werden. Aufgrund der derzeitigen Lage, bedingt durch das Corona Virus, musste der Workshop leider zeitlich verschoben und letztendlich in den virtuellen Raum verlegt werden, was jedoch dem Engagement der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und unserer angeregten Diskussion aber keinen Abbruch tat. Schließlich stehen Fragen zu wissenschaftlichen Kooperationen und der Forschungsförderung im Zentrum der täglichen Arbeit unserer eingeladenen Gäste aus Wissenschaft und Verwaltung. Um sich den Kernfragen des Workshops, wie entstehen Kooperationsnetzwerke und wie können diese gefördert werden anzunähern, haben die Gastgeber aus Luxemburg, Jennifer Dusdal und Justin Powell, über die Entstehungsgeschichte des Q-KNOW-Projekts berichtet. Wir haben einen Überblick über die zentralen Forschungsfragen, theoretischen Ansätze und die Daten und angewandten Methoden sowie erste Hinweise auf zu erwartende Ergebnisse innerhalb des Projekts gegeben.
Tag 1: Kooperationsbeziehungen in unterschiedlichen Fächergruppen
Der erste Tag des Workshops stand unter dem Motto „Kooperationsbeziehungen in unterschiedlichen Fächergruppen“. Die Verbundpartner der Universität Mannheim, Achim Oberg und Olaf Kellermeier, haben den ersten inhaltlichen Block mit einem Inputvortrag zu ersten Ergebnissen aus dem Q-KNOW-Projekts und der leitenden Fragestellung, wie steuert man Kooperationen über verschiedene Fächer hinweg aus Sicht der Organisation, eröffnet und Einblicke in erste Netzwerkanalysen gegeben. Ziel des Vortrags war es außerdem, alle Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit der Visualisierung von Netzwerkabbildungen vertraut zu machen, da wir auf diese im Laufe der zwei Tage immer wieder zurückkamen. Nach diesem gelungenen Einstieg war es Zeit, das Wort an unsere Gäste zu geben, die unterschiedliche disziplinäre Sichtweisen auf das Thema Kooperationsförderung und -beziehungen präsentierten.
Als wichtigste Ergebnisse des ersten Tages konnten wir festhalten, dass Universitäten die Besonderheit besitzen, viele Disziplinen unter einem Dach zu vereinen, wohingegen außeruniversitäre Forschungsinstitute und Unternehmen in der Regel disziplinär spezialisierter sind. Wir konnten unterschiedliche Arten von Forschungskooperationen identifizieren, die sich je nach Disziplin und Anwendungsbezug unterscheiden, aber auch, dass unterschiedliche Organisationsformen in den einzelnen Disziplinen eine unterschiedlich hohe Wichtigkeit als Kooperationspartner besitzen. Mehrere Vortragende unterstrichen, dass sowohl top-down als auch bottom-up Prozesse im Blick behalten werden sollten, da es sehr wohl strategische Kooperationen gibt, die von oben angeregt werden, aber beständige Kooperationen durch team-work und in Arbeitsgruppen gelebt und langfristig entwickelt werden müssen. Unter anderem sollten finanzielle Lücken in der bisherigen Unterstützungsstruktur der Forschungsförderung geschlossen werden, da auch das „kleine“ Geld wichtig ist, um einen Austausch von Ideen zu fördern und neue Kooperationen anzustoßen. Zudem sollten die strukturellen Rahmenbedingungen zur Förderung internationaler Forschung in den Sozialwissenschaften verbessert werden, da Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor der Herausforderung stehen, dass eine erfolgreiche Drittmitteleinwerbung stellenrelevant ist und Projekte der wissenschaftlichen (Weiter-)Qualifizierung dienen. Einige Instrumente, die die Konzeption, Antragstellung sowie die Durchführung von Projekten unterschiedlicher Stadien und Größen zu unterstützen, wurden diskutiert.
Tag 2: Kooperationsbeziehungen unterschiedlicher Organisationsformen in Deutschland
Der zweite Tag des Workshops widmete sich zum Einstieg den „Kooperationsbeziehungen unterschiedlicher Organisationsformen in Deutschland“ und wurde von Jennifer Dusdal und Justin Powell mit einem Inputvortrag eingeleitet. Ziel unseres Vortrags war es zu zeigen, dass erst das notwendige Zusammenspiel zwischen Universitäten und anderen Organisationsformen tragfähige Kooperationsnetzwerke in Deutschland entstehen lässt. Zudem wurde im Längsschnitt über das 20. Jahrhundert von 1900 bis 2018 die massive Expansion der Ko-Autorenschaften in den Natur- und Technikwissenschaften sowie der Medizin aufgezeigt. Ein erstes Ergebnis, das wir aus dem Q-KNOW Projekt berichten können. Gefolgt wurde der Vortrag von Präsentationen, die sich unterschiedlichen Aspekten der Förderung von Interdisziplinarität und disziplinenübergreifenden Forschungsverbünden sowie innovativen Ansätzen der Forschungsförderung widmeten.
Als wichtigste Ergebnisse aus der sich anschließenden Diskussion unter Moderation von Sarah-Rebecca Kienast konnten wir festhalten, dass wir zwischen den Organisationsformen Kooperationen unterschiedlicher Intensität und Ausprägung finden, und dass Universitäten als zentrales Bindeglied innerhalb von vielfältigen Kooperationsnetzwerken gesehen werden können. Andere Organisationsformen kooperieren seltener miteinander, aber häufig zusammen mit Universitäten. Zudem müssen Universitäten bestimmte Programme und Praktiken entwickeln, um mit Akteuren innerhalb ihrer Organisation, aber auch mit verschiedenen Organisationsformen interagieren zu können. Wir haben gelernt, dass es sowohl zwischen Organisationsformen und Organisationen Unterschiede in der Ermöglichung von Forschungskooperationen gibt, etwa im Hinblick auf organisationale Charakteristika, Managementstrategien, Organisationskulturen, und dass Organisationen im Zeitverlauf lernen Kooperationen zu fördern und auszubauen. Festgehalten haben wir auch, dass zusätzliche Förderinstrumente geschaffen werden müssen, um interdisziplinäre und mutige Forschung zu fördern, beispielsweise in Form eines Institute of Advanced Studies. Zusammenarbeit entsteht nämlich erst dann, wenn potenzielle Projektpartnerinnen und -partner den Raum bekommen, sich miteinander auszutauschen, um Forschungsideen zu entwickeln. Auch die Wichtigkeit der Präsenz von Fördermittelgebern und ein gegenseitiges Kennenlernen dieser mit zukünftigen Antragstellern wurde betont. Herausragende Einzelleistungen sollten möglichst disziplinenübergreifend gebündelt werden, um Spitzenforschung zu fördern, wobei angemerkt wurde, dass interdisziplinäres publizieren in hochrangigen wissenschaftlichen Zeitschriften eine große Herausforderung darstellt, da jede Disziplin ihren eigenen Publikationslogiken und -kulturen folgt.
Abschlussdiskussion und Sicherung der wichtigsten Ergebnisse des Workshops
Unsere Abschlussdiskussion wurde von Anna Kosmützky geleitet und hat den zweitägigen wichtigen Dialog der Wissenschaft mit der Praxis noch einmal verdeutlicht. Als besonders relevante Aspekte für die Forschung haben wir folgende drei Fragen identifiziert: Wie können Organisationen unterschiedliche disziplinäre Logiken erfolgreich entwickeln und managen? Welche Rolle haben bibliometrische Bestandaufnahmen und strategische Forschungsförderung (“identifizieren vs. forcieren”)? Wie kann die Administration internationaler Verbundprojekte unterstützt werden, also wie fördern bei Förderung?
Als Forscherinnen und Forscher konnten wir spannende Einblicke in die Praxis der Forschungsförderung unterschiedlicher Organisation(form)en gewinnen und halten fest, dass außeruniversitäre Forschungsinstitute als Katalysatoren im deutschen Hochschul- und Wissenschaftssystem dienen. Inter- bzw. Multidisziplinarität ist wichtig, aber „chronisch“ schwierig zu organisieren und zu finanzieren. Wissenschaft und Praxis sollten „Ideen gemeinsam entwickeln“ und von Anfang an Allianzen, auch mit den Forschungsförderern, bilden. Unterschiedliche organisationale Formen sind für unterschiedliche Stadien und unterschiedliche disziplinäre Kooperationen wichtig –“jedes Zentrum ist anders”.
Wir als Verbundpartner nehmen die folgenden „take home lessons“ und weiterführenden Fragen mit aus dem Workshop für die nächsten Phasen unserer Projektarbeit:
Team Universität Luxemburg “Deutsche Organisationen im globalen Kontext“:
- Universitäten entwickeln diverse Maßnahmen zur Unterstützung weltweiter Kooperationen: Diese Vielfalt ist erfolgversprechend, weil die Gründe für und Arten der Kooperation erstaunlich divers sind.
- Auswirkungen historischer Verschiebungen bspw. in der Vernetzung von Wissenschaft in Ost und West auf internationale Wissenschaftsbeziehungen sind auch heute noch sichtbar. Die im Projekt anvisierte Längsschnittbetrachtung von über 120 Jahren (1900–2020) ermöglicht eine Untersuchung dieser wichtigen Perspektive.
- Standortvorteile bei Kooperationen: Die derzeitig wachsende Wichtigkeit von Kooperationen reflektierend, haben Organisationen, die solche Zusammenarbeit effektiv fördern, Standortvorteile und umgekehrt sichern erfolgreiche Kooperationen Standortvorteile für die beteiligten Organisationen.
Team Universitäten Mannheim/Hamburg „Qualitätsentwicklung in interorganisationalen Kooperationsnetzwerken“:
- Es hat sich gezeigt, dass die verwendeten Visualisierungen der Kooperationsbeziehungen halfen, das bundesdeutsche Wissenschafts- und Hochschulsystem intuitiv in seiner komplexen Struktur zu erfassen.
- Weiterhin wurde deutlich, dass es auch aus Sicht der Governance von Wissenschafts- und Hochschulorganisationen von Interesse wäre, grundlegende strukturelle Veränderungen des bundesdeutschen Systems besser zu verstehen. Als Beispiel wurden die Effekte durch die Wiedervereinigung und durch die Bildung strategischer Allianzen zwischen einzelnen Akteuren diskutiert.
Team Leibniz Universität Hannover „Qualitätsentwicklung durch organisationale Kooperationsportfolios“
- Neben der Bedeutung von der Förderung von bottom-up Kooperationsimpulsen und -initiativen, wurde mit Blick auf größere Verbünde Bedeutung von einer top-down Initierung hervorgehoben. Darüber hinaus wurde die Bedeutung von Rahmenverträgen für die Anbahnung und Unterstützung von Kooperationen zwischen Universitäten und Außeruniversitären Forschungseinrichtungen betont.
- Neben direkten Effekten von Instrumenten zur Förderung von Forschungskooperationen, können solche Instrumente auch wichtige indirekte Fördereffekte haben, beispielsweise über die Schaffung einer Kultur, die die Kontaktanbahnung und Förderung individueller Kooperationsbeziehungen ansetzt (z.B. bei niedrigschwelligen Antragsmöglichkeiten und Kleinfonds für Bewirtungs- und Reisenkostenzuschüsse zur Kontaktanbahnung).
- Bei der Förderung von interdisziplinären Forschungskooperationen sollte Berücksichtigung finden, dass in unterschiedlichen Disziplinen sehr verschiedene Vorstellungen und Umgangsweisen mit Interdisziplinarität vorherrschen. Entsprechend braucht es nicht nur fachspezifischer Förderansätze für Forschungskooperationen im Allgemein, sondern insbesondere auch für interdisziplinäre Forschungskooperationen.
Wir danken all unseren Teilnehmerinnen und Teilnehmern für Ihre rege Beteiligung an unserem Workshop und freuen uns schon sehr auf einen weiteren Austausch mit Ihnen.
Im Namen des gesamten Q-KNOW-Projektteams
Jennifer Dusdal & Justin J.W. Powell
(Universität Luxemburg)
15.10.20